Die feige jüdische Mordtat an dem deutschen Diplomaten löste auch in Mecklenburg die Empörung der gesamten Bevölkerung aus. Spontan kam es überall zu judenfeindlichen Demonstrationen, so dass in vielen Fällen Juden, um sie vor der erregten Bevölkerung zu beschützen, in Schuhhaft genommen werden mussten. Antijüdische Kundgebungen wurden bisher aus Neubrandenburg, Hagenow, Schwerin, Rostock Güstrow, Neustrelitz, Stavenhagen und Waren gemeldet. Wie wir erfahren find die Gehälter der in den jüdischen Geschäften beschäftigt gewesenen Angestellten sichergestellt. Nach Maßgabe der Umstände werden die Geschäfte bis zur Klärung der vermögensrechtlichen Verhältnisse weitergeführt.
In Güstrow haben heute früh Volksgenossen aus ihrer verständlichen Erregung heraus ebenfalls Vergeltungsmaßnahmen ergriffen. So ist gegen 05.30 Uhr die Synagoge in Brand gesteckt worden. Sie ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Die Inneneinrichtung ist völlig zerstört. Die Feuerwehr ist zur Zeit des Schlusses unserer Schriftleitung bemüht, die schwelenden und noch brennenden Teile des eingestürzten Gebälks abzulöschen. Ferner ist die Halle des jüdischen Friedhofes in Dettmannsdorf in Brand gesteckt worden. Auch hier ist die Inneneinrichtung größtenteils vernichtet. Das Dach dieses Gebäudes ist jedoch nur beschädigt. Der Judenstern auf der Kuppel ist von den erbitterten Volksgenossen heruntergerissen wurden. Außerdem wurden einigen Juden in Güstrow die Fenster eingeschlagen. Einige männliche Juden sind zu ihrer eigenen Sicherheit in Schutzhaft genommen worden.
Die Gauleitung hat aus Anlass der oben geschilderten Ereignisse nachstehende Anweisung an die Kreisleiter gegeben: Nach hier eingegangenen Berichten soll die empörte Bevölkerung ihre Erregung über die feige Mordtat des Juden Grünspan gegen im Gau Mecklenburg wohnende Juden demonstrativ zum Ausdruck gebracht haben. Wo dies der Fall ist, bitte ich die Kreisleiter, beruhigend auf die Bevölkerung einzuwirken und sie von weiterem Vorgehen zurückzuhalten. Mit den Bürgermeistern ist sofort diesbezügliche Verbindung aufzunehmen. gez. Stopperam.
10.11.1938 MTZ, Seite 3
NEG. Immer mehr Firmen unseres Gaugebietes sind in den letzten Monaten dazu übergegangen, durch Verbotsschilder an den Eingangstüren ihre Geschäfte dem Juden zu verschließen. Das neuerliche Verbrechen der jüdischen Mordbuben hat dazu geführt, dass sich jetzt die Anfragen häufen, wie von Geschäften ober Lokalen am besten die sich nach wie vor aufdringlich gebärdenden Juden ferngehalten werben können. Zur Aufklärung sollen nachstehende Ausführungen dienen.
Durch die Hinweise „Juden unerwünscht“ „Juden Eintritt verboten" ober ,,Juden keinen Zutritt" soll erreicht werden, dass Juden nicht mehr zu den Kunden bzw. Gästen eines Geschäftsinhabers zählen sollen.
Es fragt sich, ob die Hinweise, die man gerade in unserem Gaugebiet am häufigsten sieht, nämlich „Juden unerwünscht", einen ausreichenden Schutz für den Nichteintritt von Juden gewährleisten. Diese Frage ist eindeutig zu verneinen.
Mit dem Schilde „Juden unerwünscht" bringt der jeweilige Geschäftsinhaber lediglich zum Ausdruck, dass ihm der Besuch eines Juden nicht erwünscht sei, ohne diesem Hinweis irgendwelche Folgen verknüpft sind.
Betritt ein Jude ein Geschäft, vor dessen Front ein Schild angebracht ist „Juden unerwünscht", so kann er sich dessen ungeachtet in jenes Geschäftslokal begeben, ohne befürchten zu müssen, sich in irgendeiner Weise strafbar zu machen. Der Geschäftsinhaber muss in jedem einzelnen Fall erst an den Juden herantreten, um ihn zum Verlassen seines Geschäftslokals aufzufordern.
Anders dagegen ist die Rechtslage bei den Schildern Juden der Zutritt verboten" oder einfach Juden haben keinen Zutritt". Hierin liegt eine klipp und klare Aufforderung, dass jüdische Elemente ein solches Geschäft nicht zu betreten haben, ja es enthalten diese wenigen Worte ein ausdrückliches Verbot, ein solches Geschäft zu betreten.
Ein Jude, der diesen Hinweis nicht beachtet und dennoch ein solches Geschäft betritt, macht sich des Hausfriedensbruches im Sinne von § 123 des StGB. schuldig.
Die vielfach verbreitete Meinung, dass der Störer erst dreimal vergeblich aufgefordert werden müsse, ist irrig und findet im Gesetz keinerlei Grundlage.
Betritt ein Jude ein Geschäftslokal trotz ausdrücklichen Verbotes, so braucht sich der Geschäftsinhaber lediglich an den nächsten Polizeibeamten zu wenden und um Feststellung der Personalien zu ersuchen. Die Voraussetzungen einer Bestrafung wegen Hausfriedensbruches sind dann ergeben, ohne dass der Geschäftsinhaber verpflichtet gewesen wäre, sich mit einer gleichwie gearteten Erklärung an den Nichtarier zu wenden.
Alle Geschäftsinhaber, die sich entschlossen haben, entsprechende Schilder vor ihren Se Geschäftslokalen anzubringen, sollten daher auch die Form wählen, die ihnen den stärksten juristischen Schutz gewährt. Um die Entjudungsaktion voranzutreiben, ist es unbedingt erforderlich, dass an allen arischen Geschäften ein Hinweisschild angebracht wird ,,Juden ist der Zutritt untersagt" und zwar nunmehr unverzüglich. Mittwoch, 23. Novbr. 1938 MTZ. - Seite 3
In Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Güstrow
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